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Umbaubericht Solaris "Tramino Hamburg"

von Sven

Im Jahre 2009 stellte die bis dahin als Hersteller von Omnibussen und Oberleitungsbussen bekannte polnische Firma Solaris Bus & Coach S.A. einen fünfteiligen Niederflurwagen vor, der unter der bis heute gebräuchlichen Bezeichnung "Tramino" vermarktet wurde.

Etwa zwei Jahre später erschienen von der VK-Modelle GmbH unmotorisierte Varianten des Gelenkzuges im Maßstab 1:87, ohne aber dem Prototypen, noch den bis dahin in Serie gebauten Fahrzeugen exakt nachempfunden zu sein. Das Modell erinnert stark an die nach Posen gelieferten Bahnen, wobei neben der Farbgebung teilweise die Maße abweichen. Auch für VK-Modelle, zuvor auf Omnibusminiaturen und Zubehör spezialisiert, bedeutete der Tramino ein Erstlingswerk in Sachen Straßenbahn.

Nachdem ich seit 2011 mehrere Standmodelle motorisierte, reizte mich auch der Tramino mit seinem eigenständigen Design. Da die rot/weiße Bahn keinem realen Vorbild entspricht, farblich aber gut nach Hamburg passen würde, ließ ich der Phantasie freien Lauf. Da im Stadtstaat seit Jahrzehnten ergebnislos über die Einführung eines Stadtbahnsystems diskutiert wird, wollte ich wenigstens einen kleinen hanseatisch angehauchten Niederflurzug entstehen lassen, wie er vielleicht im Großen vielfach hätte Realität werden können.

VK-Modelle schreibt selbst, dass eine Motorisierung in Eigenregie möglich sei, ohne weiter darauf einzugehen. Besondere Vorkehrungen für den Einbau handelsüblicher Antriebe sind nicht erkennbar. Hoffnungsvoll stimmten mich die rollfähigen Metallradsätze der Drehgestelle, doch dazu später. Erfreulich ist, dass das Modell recht einfach zerlegt werden kann, da es weitgehend durch Rast- und Stecktechnik zusammengehalten wird. Das Chassis ist in den Gehäusenasen eingerastet und kann nach leichtem Spreizen der Wagenkastenschürzen entnommen werden. Die Bodenplatte des ersten Segmentes bot genügend Raum, um einen stehenden Antrieb der Fa. Halling unterzubringen, wie ich ihn bereits in einigen anderen Modellen verwende. Des weiteren erlaubte der Wagenkasten höhenseitig den Einbau dieses Antriebstyps. Mit diesem Wissen machte ich mich an die Anfertigung einer ausreichend großen Aussparung in der ersten Bodenplatte, um das Antriebsfahrwerk einzubauen; das erste Drehgestell fiel somit weg. Den Metallrahmen des Halling-Antriebes verschmälerte ich, um ihn in die Aussparung einzuführen. Unter Verwendung von mehr als einem Dutzend einzeln zurechtgefeilter Kunststoffwinkel verband ich Antriebsrahmen und Bodenplatte stabil miteinander.

[Antriebsteil]

BILD 1: Die Bodenplatte des ersten Wagenteiles und der Antriebssatz bilden nun eine Einheit. Gut ist ein Teil der weißen Kunststoffwinkel zu erkennen, die der Fixierung dienen.

[Bodenplatten]

BILD 2: Vergleich zwischen Bodenplatte mit Drehgestell im Lieferzustand (oben) und motorisierter Einheit (unten). Auch hier sind weiße Kunststoffprofile erkennbar, die ich überall dort einbaute, wo es möglich und sinnvoll erschien. Man erkennt, dass das Modell für H0-Gleise vorgesehen ist und die Radscheiben der zweiten Antriebsachse Haftreifen tragen.

Um den Kunststoffeinsatz für die Inneneinrichtung im ersten Segment weiterzuverwenden, entkernte ich ihn großzügig. Da dieses Bauteil auch der Fixierung des Wagenkastens dienlich ist, machte es Sinn, soviel wie möglich davon weiterzuverwenden. Die Sitze trennte ich ab und klebte sie später einzeln bzw. pärchenweise auf die Halling-Bodenplatte auf.

[Innenansicht Antriebsteil]

BILD 3: Nach einiger Säge- und Schleifarbeit war die Inneneinrichtung für das erste Wagensegment an die neuen Gegebenheiten angepasst. Von der Trennwand der Fahrerkabine blieben Fragmente erhalten. Links davon zum Vergleich die Elemente im Originalzustand.

Die vier weiteren Inneneinrichtungen verwendete ich ohne substanzielle Veränderungen weiter. Um von dem grellroten Plastikglanz wegzukommen, sprühte ich alle fünf Teile, außer den schwarzen Armaturen im Führerstand, mit dunkelgrauer Farbe an. Da die jüngeren U-Bahnen und Omnibusse der Hamburger Hochbahn AG rote Sitzbezüge aufweisen, sollte sich auch mein Tramino entsprechend präsentieren. Die Sitzflächen versah ich daher mit roten Überzügen aus Decalstreifen.

[Fahrwerksmodule Inneneinrichtung]

BILD 4: Vergleich von entkernter und lackierter mit originaler roter Inneneinrichtung des ersten Wagensegmentes.

[Inneneinrichtung]

BILD 5: Dunkelgrau lackierte Inneneinrichtungen und Sitze mit roten Bezügen. Die Einzelsitze bzw. Sitzpärchen, vorne mittig erkennbar, stammen von dem entkernten Einsatz hinten links. Die Inneneinrichtungen setzte ich später ohne Verwendung von Klebstoff auf die Bodenplatten auf.

Vor dem Zusammenbau von Bodenplatten und Inneneinrichtungen war zu klären, ob die Laufdrehgestelle praxistauglich sind. Die isolierten Radscheiben weisen mit ca. 6,8mm einen vergleichsweise geringen Laufflächendurchmesser auf. Anhand von Pobefahrten, für die ein weiteres Modell als Zugfahrzeug diente, stellte ich deren Betriebssicherheit fest. Im nächsten Schritt baute ich in die Lauffahrwerke Kupferkontakte ein, damit alle Radscheiben zur bestmöglichen Stromversorgung beitragen. Die Drehgestelle arretierte ich mit eingeklebten Kunststoffwinkeln, da bei diesem Wagentypen drehfeste Fahrwerke benötigt werden.

[Mittelteile]

BILD 6: Bodenplatten und arretierte Drehgestelle für die Segmente 3 (vorne) und 5 (hinten). Gut sind die nachgerüsteten Kupferkontakte und Kunststoffwinkel zu erkennen.

Nun setzte ich die Bodenplatten, Fahrwerke und Inneneinrichtungen zusammen und vollendete die Verkabelung.

[Fahrwerk Verkabelung]

BILD 7: Eindruck vom Frontbereich des fertiggestellten Fahrwerks mit Inneneinrichtungen. Hinter der spiegelnden Wand aus Alufolie befinden sich Gegengewichte. Die Einzelsitze und Sitzpärchen klebte ich direkt auf den mattschwarz lackierten Halling-Rahmen. Das Motorgehäuse pinselte ich mit der gleichen Farbe an, um es so unauffällig wie möglich erscheinen zu lassen.

Nachdem fahrwerksseitig alle Arbeiten abgeschlossen waren, widmete ich mich dem Aufbau. Die mitgelieferten Faltenbälge sind wenig flexibel und für unseren Fahrbetrieb unbrauchbar. Daher bastelte ich solche wie schon für einige vorangegangene Projekte aus handelsüblichem Papier, was mit ca. 2,5 Stunden pro Stück recht zeitaufwändig war. Die den Fahrgasträumen zugewandten Seiten erhielten jeweils spiegelnde Flächen aus Alufolie, ähnlich wie auf BILD 7, um den eigentlich vorhandenen Durchgang vorzutäuschen.

[Faltenbalg]

BILD 8: Ausgebreiteter Faltenbalg kurz vor der Montage. Die dunkle Färbung trug ich mit einem weichen Bleistift auf.

Da die originalen Faltenbälge an Halterungen aufgehängt waren, die ich als Bestandteile des Wagenkastens nicht mehr benötigte, sägte ich sie ab und glättete die überstehenden Bereiche. Die so vorbereiteten Auflage- bzw. Klebeflächen erweiterte ich durch den Einbau diverser Kunststoff-Winkelprofile entlang der Seitenwände. Die sichtbaren Bereiche zwischen Faltenbälgen und Seitenwänden bestrich ich mit mattschwarzer Farbe. Die neuen Faltenbälge klebte ich später einseitig an den Wagensegmenten 1, 3 und 5 an.

[Wagenkasten]

BILD 9: Beim vorne sichtbaren Wagenkasten fehlt nun die Halterung für den ursprünglichen Faltenbalg, wie sie rechts oben vorhanden ist. Die im Text beschriebene Farbe ist hier größtenteils schon aufgetragen.

Die asymmetrische Formgebung der Solaris-Fahrzeugköpfe sagte mir nie zu. Daher erwarb ich ein zweites Tramino-Modell, dem ich die symmetrisch gestalteten Elemente der Heckseite entnahm, um sie für die Frontpartie meines Projektes zu verwenden. Die neue Frontscheibe schwärzte ich im oberen Teil von innen, da ich direkt darunter die Zielanzeige anbrachte.

Einige der eingesetzten Fensterbänder saßen etwas locker, so dass ich sie mit Klebstoff stabiliserte. Im ersten Wagensegment klebte ich im Deckenbereich innerhalb einer Bohrung mit Verstärkung durch Winkelprofile ein Polystyrolröhrchen ein, das nach dem Zusammenbau des Modells für einen geraden Sitz des ersten Wagenkastens sorgt.

[Teil 1 innen]

BILD 10: Blick in das wieder verglaste erste Segment mit geänderter Frontscheibe/Frontverkleidung und dem zuvor beschriebenen Polystyrolröhrchen. Die sichtbaren Flächen zwischen Faltenbälgen und Seitenwänden sind nun vollständig mattschwarz lackiert. Die Unterkanten der Fensterbänder bedeckte ich im Wageninneren mit weißen Decalstreifen, um eine einheitlich wirkende Innenwand zu erhalten.

Die aufgesteckten schwarzen Dachaufbauten aus Kunststoff nahm ich ab und lackierte sie mit matter dunkelgrauer Farbe, um den Farbkontrast gegenüber den Wagenkästen bzw. den "Plastiklook" zu minimieren. Den Stromabnehmer mit seinem ausladenden Schleifstück ersetzte ich durch einen Einholmpantographen von Sommerfeldt. Vor dem Wiederaufsetzen der Dachaufbauten bedeckte ich die weißen Innenseiten hinter den Dachverblendungen mit schwarzen Decalstreifen.

Da es sich wie beschrieben um ein fiktives Hamburger Modell handeln sollte, musste ich mich um eine angemessene Beschriftung selbst kümmern. Entsprechende Signets, Piktogramme und Liniennummern- bzw. Zielanzeigen ließ ich als Decals privat anfertigen. Bezüglich der Anzahl und Platzierung der Beschriftungen orientierte ich mich an den jüngsten U-Bahnen und Omnibussen der Hamburger Hochbahn AG. Die letzten bis Herbst 1978 in der Alstermetropole eingesetzten Straßenbahntriebwagen trugen vierstellige Dreitausendernummern, was mich dazu animierte, dem Tramino die leicht merkbare Wagennummer 4000 zu verleihen. In einem der zahlreichen Beiträge, die sich mit der Einführung einer modernen Stadtbahn in der Hansestadt beschäftigen, las ich von dem Vorschlag einer Linie 2 zum Bahnhof Altona. Auch die letzte Straßenbahnlinie der Stadt trug die Liniennummer 2. Da mir diese Kombination gut gefiel, ließ ich sie für die Front- und Seitenanzeigen im Aussehen der vielerorts gängigen LED-Displays nachempfinden. Selbst kreierte Schriftzüge, die das vorteilhafte Verkehrsmittel Stadtbahn preisen, zieren die Wände oberhalb der Seitenfenster. Die Schnellbusse der Hamburger Hochbahn AG tragen breite graue Streifen, was mich dazu verleitete, Ähnliches im Schürzenbereich oberhalb der schwarz abgesetzten Kante anzubringen, um den Wagen etwas "gestreckter" erscheinen zu lassen. Seitenblinker, Dreilicht-Spitzensignal und Scheibenwischer für Front- und Heckscheibe imitierte ich mit verschiedenen Decals.

Auf Höhe der Schwungmasse baute ich im ersten Segment zwischen Faltenbalg und Motor einen Decoder des Typs ESU LokPilot micro 4.0 ein, da ausschließlich im Digitalbetrieb gefahren wird. An die Deckenbereiche der Segmente 3 und 5 klebte ich flache Metallgewichte und ganz vorne nahm eine Fahrbedienstete Platz. Nach dem finalen Zusammenbau garantieren die Rastnasen an der Unterseite stabil sitzende Gehäuse und damit ein insgesamt gut handhabbares Modell. Der kleinste bislang befahrene Radius ist 200mm. Die Radsätze der Lauffahrwerke bewähren sich auch im "Alltagsbetrieb" ausgezeichnet.

[Tramino Humbser]

BILD 11: Erste Ausfahrt im Bereich des Depots Humbserstraße, neugierig beäugt von Straßenbahnen aus Wien und Nürnberg.

[Tramino West Fuerth]

BILD 12: Nachdem alle Probefahrten erfolgreich verliefen, steuerte der "Tramino Hamburg" erstmals West Fuerth an, wo er anlässlich des Nürnberger TLRS-Treffens 2016 für Fotos posierte.

Bildnachweis: Alle Bilder von Sven

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